25.03.2025
Erfolgreiches Webinar: Umgang mit chronischen Erkrankungen am Arbeitsplatz
Dachverband für Soziales und GesundheitGesundheit
Grundsätzlich gilt: Krankheiten sind Privatsache. Dennoch stehen Menschen mit einer chronischen Erkrankung oft vor der Frage, wie offen sie ihren Gesundheitszustand nach außen kommunizieren sollen. Das gilt besonders auch für den Arbeitsplatz. Was muss der Chef wissen, was sollten Kolleginnen und Kollegen erfahren? Viele Betroffene befürchten allerdings mögliche negative Auswirkungen bei einem “Outing”. Sie haben Angst vor Vorurteilen, Diskriminierung, Mobbing und einem Karriereknick, weil sie als weniger leistungsfähig abgestempelt werden.
Am 19. März haben sich 25 interessierte Betroffene und Fachleute in einem Webinar zu der Problematik ausgetauscht. Organisiert wurde das Online-Treffen vom Dienst für Patientenorganisationen im Dachverband für Soziales und Gesundheit weil die Frage, ob der Gesundheitszustand am Arbeitsplatz offengelegt werden soll, viele Menschen betrifft. Immerhin hat ein Drittel der Erwachsenen in Südtirol eine chronische Krankheit und die Mehrheit davon steht aktiv im Berufsleben.
Zunächst berichteten zwei Betroffene aus erster Hand über ihre Erfahrungen. Angelika Landthaler, die mit Multipler Sklerose und mit einer rheumatischen Erkrankung lebt, schilderte, wie wichtig es ist, den Fokus auf das zu legen, was man leisten kann, statt auf die Einschränkungen: „Der Verlauf meiner chronischen Krankheiten ist schwer vorhersehbar. Das macht es für mich schwer, mich voll in die Arbeitswelt zu integrieren. Rückfälle können plötzlich auftreten und sind vorübergehend einschränkend. Doch es gibt auch Tage, an denen man kaum merkt, dass ich chronisch krank bin. Ich erinnere die Menschen daher immer daran, sich auf das zu konzentrieren, was jemand leisten kann, und nicht zuerst auf das, was nicht möglich ist. Ich hatte nie Probleme, offen über meine Krankheiten am Arbeitsplatz zu sprechen, aber nicht alle Erfahrungen waren positiv. In meiner früheren Tätigkeit in einem Supermarkt wurde meine Krankheit oft unterschätzt. Man glaubte ich würde übertreiben. In der Folge habe ich mich beruflich weitergebildet und schließlich eine Arbeit als Bürokauffrau gefunden, wo ich mich wohlfühle – insbesondere auch dank eines verständnisvollen Arbeitgebers.“
Anschließend erzählte Lothar Zischg, Typ-1-Diabetiker und Vizepräsident der Diabetes Union, über seine Erfahrungen. Er betonte, wie entscheidend ein gerechter Umgang im Arbeitsumfeld ist. Auch er musste sich Herausforderungen stellen, plädierte aber eindringlich für Offenheit und stärkere gesetzliche Unterstützung: „Ich bin seit meiner Kindheit Typ-1-Diabetiker und habe meinen Job stets gewissenhaft und eigenständig ausgeführt. Tatsächlich bin ich selten krankgeschrieben, im Gegensatz zu manchen vermeintlich 'gesunden' Menschen. Ich habe immer andere Patienten ermutigt, ihre Krankheit nicht zu verbergen, obwohl auch ich eine negative Erfahrung gemacht habe. Bei einem früheren Job auf einer Baustelle, bat mich mein Arbeitgeber nach einem allein bewältigten Unterzuckerereignis, mir einen anderen Job zu suchen Letztlich ging ich, weil ich einen gerechteren Umgang suchte. Die Beziehungen zu Kollegen waren hingegen überwiegend positiv. Dennoch sehe ich in gesetzlichen Regelungen Raum für Verbesserungen zur besseren Inklusion chronisch Kranker in die Arbeitswelt.“
Abschließend hielt die Psychologin Dr.in Francesca Zucali, Vizepräsidentin der Psychologenkammer der Provinz Bozen, einen Vortrag über die Bedeutung psychologischer Unterstützung nach einer Diagnose, sowohl für Patient/innen als auch für deren Familie. Sie sprach über mögliche Ängste vor Arbeitsplatzverlust, Positionswechsel oder die ständige Sorge um Gesundheit und Zukunft, die schlimmstenfalls zu Depressionen führen können. Gleichzeitig hob sie hervor, wie wichtig es ist, Krankheiten zumindest ausgewählten Personen anzuvertrauen, um ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen.
Sie unterstrich die Notwendigkeit, chronischen Erkrankungen am Arbeitsplatz mit Offenheit und Verständnis zu begegnen. Ziel müsse sein, langfristig eine Normalisierung solcher Themen in der Gesellschaft zu erreichen.
Chronische Erkrankungen sind in Südtirol sehr verbreitet. Zu den häufigsten gehören Diabetes, Rheuma, Arthritis, chronische Rückenschmerzen, Allergien, Epilepsie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen.
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