12.05.2016
Soziales trifft Wirtschaft: Fokus auf bessere Arbeitsintegration
Dachverband für Soziales und GesundheitBei einem „Gipfeltreffen“ zwischen Vertretern aus Wirtschaft und Sozialem wurde über die Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderung gesprochen.
Behindert und arbeitslos, so schaut leider immer noch die Realität für zu viele Menschen mit Behinderung aus – auch in Südtirol.Gesetze allein reichen offenbar nicht aus, um die Situation zu ändern. Was muss also passieren, damit mehr Menschen mit Behinderung eine Arbeit finden? Was kann getan werden? Wo muss man ansetzen? Und was brauchen die Unternehmer?
Auf Anregung des Dachverbands für Soziales und Gesundheit haben sich am 11. Mai 2016 erstmals die Vertreter aller großen Südtiroler Wirtschaftsverbände mit zahlreichen Vertretern von Südtiroler Sozialverbänden getroffen und sich darüber unterhalten, wie eine bessere Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderung gelingen kann.
Anwesend waren die Direktoren aller dem Südtiroler Wirtschaftsring angehörigen Vereinigungen, also Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol (hds), Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV), Landesverband der Handwerker (LVH), Südtiroler Bauernbund (SBB), die Vereinigung der Südtiroler Freiberufler (VSF) und der Unternehmerverband.
Von Seiten der Betroffenenorganisationen waren mehrere Ausschussmitglieder des Dachverbandes gekommen, sowie Vertreter des ANMIC, UICI - Blinden- und Sehbehindertenverbands, Gehörlosenverband – Ente Nazionale Sordi, AEB - Arbeitskreis Eltern Behinderter, Lebenshilfe, LAPIC, EhK – Elternverband hörgeschädigter Kinder.
In dieser entsprechend großen Runde wurde angeregt diskutiert.
"Die Betroffenenorganisationen haben relativ klare Vorstellungen und Vorschläge. Manches wurde schon in der Vergangenheit deponiert. Wir fragen nun die Unternehmer direkt: Was braucht ihr? Wo muss man ansetzen? Mit Spannung warten wir darauf, was die Unternehmerseite zu sagen hat", so Dachverband Präsident Martin Telser.
Die Antwort fiel dann unverblümt und ehrlich aus. Wiederholt fiel der Begriff „Überforderung“.
„Arbeitsintegration stellt eine große Herausforderung für die Unternehmen dar, vor allem für die vielen Kleinst- und Kleinbetriebe Südtirols. Die Angst vor dem Unbekannten ist sicher groß“, betonte SWR-Präsident Philipp Moser: „Viele Unternehmer fühlen sich überfordert, haben keine Ahnung, was eventuell auf sie zukommt. Sie sind zudem unsicher, wie sie mit einem Menschen mit Behinderung umgehen sollen.“ Spezifische Berufsbilder vor allem im Dienstleistungssektor, die Digitalisierung der Prozesse und die rigiden Auflagen im produktiven Bereich müssten heute bei der Arbeitsintegration berücksichtigt werden.
Es gibt also viel zu tun. In der anschließenden Diskussion wurden u.a. die Individualisierung von spezifischen Berufsmöglichkeiten, welche sich für Personen mit Beeinträchtigungen eignen, Möglichkeiten der schulischen Ausbildung, eine konstante Arbeitsbegleitung (Tutor) für die Betroffenen und eine individuell abgestimmte Arbeitsvermittlung als mögliche Handlungsfelder genannt, die nun weiter vertieft werden sollen.
Am Ende wurde vereinbart, sich schon bald wieder zu treffen. Die Wirtschaftsverbände wollen bis dahin in einer internen Erhebung Positionen und Daten sammeln.
Hintergrund & Daten
Menschen mit einer Behinderung haben einen schwierigen Stand auf dem Arbeitsmarkt. Ende des Jahres 2015 waren insgesamt 776 Menschen mit Behinderung in die Listen der Arbeitsvermittlungszentren eingetragen. Anders gesagt, sie sind arbeitslos. Ein großes Hindernis bei der Anstellung sind vielfach die Qualifikationen und Anforderungsprofile, welche von den betroffenen Menschen nicht immer eingehalten werden können.Dem gegenüber stehen auf der Arbeitgeberseite zahlreiche Betriebe und Institutionen, die gesetzlich verpflichtet wären, Menschen mit Behinderung einzustellen. Insgesamt sind in Südtirol 1310 Unternehmen der Privatwirtschaft sowie 103 öffentliche Körperschaften dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Allerdings sind in der Privatwirtschaft noch etwa 2500 Stellen und in der öffentlichen Verwaltung noch 580 Stellen unbesetzt.
zurück